76 Antwerpen-Delwaidedok 27.05.2010

76 Antwerpen-Delwaidedok 27.05.2010           51° 19,6´N   
004° 20,6´E

 

Um kurz nach sechs ging meine nachmittags-Hafenwache zu Ende
& ich glaube, es war die schlimmste, die ich bisher erlebte. Dass es im
Hafen stressig sein kann, kenne ich ja, auf der “Rialto Bridge” war
es z.B. in Shanghai nicht einfach, den Ueberblick zu behalten bei 5
Containerkraenen, Ersatzteillieferungen, Besatzungswechsel, Technikern &
Schweissern von Land fuer Arbeiten an Deck & in der Maschine,
Proviantlieferungen, Behoerdenleuten usw. Das Schiff hatte 3800 TEU & Pontonlukendeckel.

Aber diesmal ging es nur um ein 1600 TEU-Schiff, dennoch war
es – fordernd: Wir luden u.a. 166 Kuehlcontainer & das allein ist
schon eine nervenaufreibende Sache, da der Deckswachmann & ich die selbst
anschliessen muessen & ich zusaetzlich noch kontrollieren muss, ob sie
korrekt funktionieren. Darueberhinaus schreibe ich noch die Temperaturen auf,
die eingestellte & die aktuelle. Zusaetzlich wird bei jedem Kuehlcontainer
die tatsaechliche Position notiert, denn kein einziger! von denen wurde
dahingestellt, wo er geplant war. Weil es soviele sind, werden die meisten
unter Deck gefahren, so dass man immer runter & raufklettern muss. Wie
immer mussten wir uns aber auch darum kuemmern, dass die Luken hydraulisch auf-
und zugefahren wurden & die sogenannten Stopper in den Schachtfuehrungen in
die jeweils korrekte Position kamen. Was der Dritte mir nicht gesagt hatte, war
das wir schon um 1200 leicht auf dem Kopf lagen (Tiefgang vorne groesser als
hinten). Unser Heck kam zu stark aus dem Wasser, unsere Gangwayplattform wurde
dadurch zerstoert. Die normale Gangway ist schon seit Wochen kaputt, so dass
wir auf die sogenannte mobile Gangway angewiesen sind. Dies reicht eigentlich
schon fuer eine ausgefuellte Ladunswache, aber dann entdeckte unsere Schiffscrew
noch eine gelbliche, oelige Fluessigkeit, die sich um unser Schiffsheck
ausbreitete: Oelunfallalarm! Der Hafen von Antwerpen ist der dreckigste Hafen,
den ich bisher gesehen habe. Aber selbst hier ist ein Oelunfall eine ernste
Angelegenheit. Waehrend der Chiefmate sich draussen mit unserer Crew um die
Sache & um die Gangway kuemmerte, war ich im Ladebuero mit Ballasten
beschaeftigt bis er mich
abloeste. Der Kapitaen verstaendigte die zustaendigen Stellen, drei Stunden
spaeter kamen dann Polizei und ein Boot einer Oelbekaempfungsfirma
(“Pollution Fighter I”), das eine Oelsperre auslegte. Von Land aus
sollte dann das Oel von der Oberflaeche abgesaugt werden. Jemand sagte unserem
Chief, wir muessen kurz die Maschine starten, damit das Zeug an Land gedrueckt
wird, aber dann erschien der Dockmaster
(Hafenkapitaen), der ebendies sofort untersagte. Darueberhinaus uebergab er
unserem Kapitaen ein Formular, das das Ablegen untersagte. Das ist das
sogenannte “an die Kette legen”. Wir sollten die Abfahrtgenehmigung
erst bekommen, nachdem unser Schiff von aussen sauber sei. Mittlerweile war
klar geworden, dass etwas weiter weg auf dem Containerterminal ein
Tankcontainer geplatzt war. Der Inhalt lief ueber die Abfluesse bis ins
Hafenbecken, wo es auf unser Schiff traf. Wir hatten den Hafenarbeitern schon
zu Anfang gesagt, dass das Zeug vom Terminal kaeme, aber es hatte sie schlicht
nicht interessiert.

Die Pollution Fighter Firma kam mit ihrer Aufgabe nicht
klar: Da steht ein spezieller Tankwagen an Land, ein Maenneken haelt einen
Schlauch in Wasser, um das Oel abzusaugen. Alle paar Sekunden muss er die
Schlauchoeffnung von Plastikflaschen, Dosen, Holzstuecken & sonstigem Muell
befreien. Nach einiger Zeit gab die Firma auf & die Firma Maritime Antwerp
Cleaning kam mit einem Spezialschiff & einem Tankwagen. Dieses Unternehmen
– MAC -  kennen wir schon von unserer Zeit im Trockendock mit der Eilbek.
Das ging professioneller vor & reinigte auch unser Schiff von aussen. Den
Vorarbeiter habe ich um 0100 gesprochen. Er meinte, das Zeug sei eine Art
Baumharz. Die Kosten pro Stunde: Einsatz Spezialschiff 360EUR, LKW 150EUR,
Maenneken 30-40EUR. Mehrere Stunden war MAC am machen & tun. Waehrenddessen
hatte ich mich
mit der Kuehlcontainerliste beschaeftigt. Der Dritte hatte zwei Listen &
war mit dem uebertragen nicht fertig geworden. Er meinte, ich haette womoeglich
einige Fehler gemacht. Tatsaechlich war es so, dass alle “meine”
Container korrekt waren, dass er oder sein Matrose aber einige Staupositionen
mehrfach vergaben. Dieses Korrigieren hat Stunden gedauert, obwohl ich es ganz
systematisch gemacht habe.

Um drei kam wieder ein Dockmaster,
der sagte wir muessen auf einen Vertreter des Schiffahrtsgerichtes warten. Als
dieser um kurz vor fuenf immer noch nicht da war, habe ich unseren Agenten
angerufen. Der sagte dann, wir haetten gruenes Licht & sollen um acht
losfahren. Schon wieder eine Verschiebung: Erst war 2200 Uhr geplant, dann
0200, dann 0600 & nun 0800. Selbst als ich die Wache schon um 0600 an den
dritten Offizier uebergeben hatte, war nicht Schluss: Beim Ablegen &
Schleusen musste ich schon wieder auf der Achterstation sein, so dass ich erst
um 0930 fertig war.

 

nnnn

 

logo

Jentaculum

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Menü

Aktuelle Beiträge

Sie haben die Einladung...
Currus - 8. Apr, 10:24
Sie haben die Einladung...
Currus - 8. Apr, 10:23
Keno Raveling's invitation...
Currus - 26. Mär, 10:50
Ich möchte Sie gerne...
Currus - 22. Mär, 14:54
Fwd: 20130427 0121 22...
Currus - 27. Apr, 16:04

Links

Suche

 

Status

Online seit 5736 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 8. Apr, 10:24

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren