23 Nordatlantik
23 Nordatlantik. 21.05.2009 - 43_50_N, 032_12_W.
Gute 260 Seemeilen nordnordwestlich von der westlichsten
Azoreninsel Flores fahren wir mit Kurs 278 und knapp 17 Knoten nach Kanada.
Hier auf dem Atlantik ist relativ schoenes Wetter, 17 Grad, 1025 hPa, maessige
Brise (Windstaerke 4, Anemometer geht zwar nicht, aber wenn auf`m Wasser wenige
weisse Schaumkronen sind, ist das „`ne vier“). Die Sonne scheint zwar
nicht mehr, es ist bedeckt nun, aber dafuer haben wir keine starke Duenung also
nur geringen Seegang und das ist auch sehr viel wert. Musik wird von einem
USBStick gespielt, im Moment laufen die Soundtracks von „Ein Mountie in
Chicago“, ich bin alleine auf der Bruecke. Es ist 10 Uhr, so dass ich
meine Arbeit fuer eine Teepause mit Thiele Tee & Kluntjes unterbreche.
Ich denke nun an die Wache von gestern abend, als die
Daemmerung in die Nacht ueberblendet wurde, hatte ich ein Ziel auf dem Radar,
das mit 11 Knoten fuhr und unseren Kurs kreuzte. Als es ungefaehr zwei Meilen
vor uns war, verschwand es ploetzlich. Zwischenzeitlich kam wieder von
Steuerbord ein zweites Ziel mit derselben Geschwindigkeit und einem aehnlichen
Kurs. Auch dieses verschwand. Dafuer kam noch ein drittes und das erste Ziel
war ploetzlich auch wieder auf dem Radar zu sehen, allerdings auf unserer
Backbordseite. Mit Fernglas und Scheinwerfern konnten der Ausguck und ich kein
einziges Ziel erkennen, daher nehme ich an, dass es U-Boote waren.
Soviel zu gestern, heute ist so gut wie nichts los, nur die
289 Meter lange „Great Challenge“ wird von unserem automatischen
Identifizierungssystem angezeigt. Die faehrt nach Rotterdam, ist aber soweit
entfernt, dass sie selbst mit einem Fernglas nicht auszumachen ist. Da kann ich
mich also wieder einer meiner Aufgaben widmen: Ich bereite Papiere fuer
Montreal vor, hauptsaechlich Listen: Besatzungsliste mit Geburtsdaten und
Passnummern, Besatz.liste mit persoenlichem Hab&Gut und zollpflichtigen
Waren, Besatzungslisten mit Impfdaten, Listen der angelaufenen Haefen, der
Schiffsvorraete, der Medikamente usw. Aber auch Erklaerungen sind gefordert:
Erklaerung, dass keine Waffen an Bord sind, keine Tiere, keine Drogen, keine
blinden Passagiere, Erklaerung, dass keine kranken Leute an Bord waren bzw sind
und das Schiff ein “Sauberkeitszertifikat” hat. Erklaerung, dass
Vorschriften zur Abwehr von aeusseren Gefahren (Terror/Piraterie usw)
eingehalten wurden usw usw. Als ich vor zehn Jahren in Hamburg gearbeitet
hatte, hiess es, dass mit der Computerisierung der Papierkram reduziert wuerde
und irgendwann ganz auf Papier im Hafen verzichtet werden soll (paperless
port). Eine Entwicklung in diese Richtung kann ich noch nicht erkennen. Darum
bin ich sehr froh, dass wir Computer haben und jedes Dokument nur ein- oder
zweimal anlegen muessen. Da koennen wir die Dinger per Email verschicken und
sooft ausdrucken, wie wir sie brauchen. (Frueher hatten Schiffe noch nicht mal
Kopierer an Bord und die Offiziere bemuehten sich, duennes Papier zu bekommen
um mit moeglichst vielen Durchschlaegen auf die notwendigen Anzahlen zu kommen.)
Und es kommt sogar noch besser: Da man von verschieden Computern auf die
zentralen Dateien zugreifen kann, braucht man noch nicht mal mehr einen
Speicherstick bei sich zu haben. Inzwischen haben wir auch neue Drucker
bekommen. In meiner Anfangszeit hier an Bord funktionierte von vier Druckern
nur noch einer: Der im Maschinenkontrollraum, das bedeutet Deck 5. Die Bruecke
ist Deck 13....
Nachtrag zur Strasse von Gibraltar: Nach den
Erzaehlungen sollte das ein ganz aufregendes Gebiet sein mit wahnsinnig hohem
Verkehrsaufkommen. Ich bin extra nachmittags in der Wache des Zweiten Offiziers
auf die Bruecke gekommen, um mir das anzusehen. Aber nach meiner vorlaeufigen
Einschaetzung ist es anspruchsvoller noerdlich an Fehmarn vorbeizufahren als
Gibraltar zu passieren. Interessant ist hier halt, dass man gleichzeitig Europa
und Afrika sehen kann.
P.S.: Schreibt mir an: bridge@barmbek.wappen-reederei.de
(Betreff: Keno oder 3/M)
nnnn
